Das Buch der Zeit: Alle Zeit der Welt
Die Zeit kann man zwar messen, aber sehen, hören, fühlen oder riechen lässt sie sich nicht. Die Zeit bestimmt unser Leben auf wahrlich umfassende Weise, und dennoch nehmen wir sie nur wahr, wenn wir zu viel oder zu wenig davon haben. Definitionen, wie jene des Physikers Richard Feynman helfen kaum weiter: „Zeit ist, was geschieht, wenn sonst nichts geschieht“, so der Nobelpreisträgers. Löblich also, dass sich Adam Hart-Davis in diesem feinen Band, der Zeit auf vielfältige Weise annimmt. Vom Naturphänomen über die ersten Versuche der Zeitmessung bis hin zu den Naturwissenschaften, denen Zeit sowohl als Meßeinheit wie als Forschungsobjekt unverzichtbar ist, reicht der Bogen des grafisch ordentlich aufgelösten, üppig illustrierten und gut übersetzten Buches. Und so erfahren wir, warum die Stunde 60 Minuten hat und das Jahr (meist) 365 Tage. Vor allem aber: Hatte die Zeit einen Anfang und wird sie ein Ende haben?
„Das Buch der Zeit“ von Adam Hart-Davis, übersetzt von M. Haupt und A. Schleitzer, primus Verlag, 256 Seiten, Euro 30,80
Tod im Neandertal: Die Urgeschichte unter der Lupe
Die Archäologie straft die zeitgenössichen Publizistik Lügen, dass nichts so alt ist wie die Homepage von gestern. Immer wieder verstehen es die WissenschaftlerInnen bislang unbekannte Fundorte aufzutun, oder – oft noch spektakulärer und aussagekräftiger – bekannten Funden wichtige Neuinterpretationen abzugewinnen. In „Tod im Neandertal…“ erzählt Dirk Husemann von diesen durchwegs verblüffenden Erkenntnissen, die allesamt auf der Tatsache basieren, dass sich die archäologische Forschung immer mehr naturwissenschaftlichen Methoden bedient. Und so werden zentrale Fragen neu aufgerollt: Haben die Kelten Unschuldige bestialisch ermordet, um ihre blutrünstigen Götter zu besänftigen? Was legte Jericho, die älteste Stadt der Welt, in Schutt und Asche? Entdeckten US-Archäologen 2006 wirklich Spuren der Arche Noah?
Eine sinnvolle Ergänzung zur populären Beschreibung liefert Stephan Berry mit „Antike im Labor“. Anhand von Fallbeispielen beschreibt Berry sehr ordentlich, wenn auch etwas trocken, die Petri-Schale als Fundort neuer Erkennntisse.
„Tod im Neandertal…“ von Dirk Husemann, Theiss, 228 Seiten, Euro 17,50
„Antike im Labor“ von Stephan Berry, Zabern, 160 Seiten, Euro 30,90
Lauter Lügner: Die Wahrheit über die Unwahrheit
Der Autor macht uns nichts vor: „Unser Leben steckt voller Lügen“. Anstatt daran zu verzweifeln, wählt Robert Feldman den Weg der Wissenschaft und erklärt, welche Rolle die Lüge in Wirtschaft, Medien, digitaler Kommunikation und Gesellschaft an sich spielt. Denn um die Lüge zu verstehen, so der renommierte amerikanische Psychologe, sollte man sich eher damit befassen, wie es zur Lüge kommt – und weniger, ob es zur Lüge kommen sollte.
„Lügner“ von Robert Feldman, übersetzt von Jorunn Wissmann, Springer Spektrum, 370 Seiten, Euro 25,70
Wo ist das Weltall zu Ende? Gutes Generationengespräch
Ab einem bestimmten Alter (und Familienstand) kennt jeder die Frage – und die Verzweiflung, die einen packt, wenn man einem Kind erklären soll, was das Universum ist. Schön, dass Hubert Reeves, einer der angesehensten Astrophysiker der Welt, seiner Enkelin einige wirkliche gute Antworten gegeben hat, die er uns in dem hübsch gemachten Band verrät.
„Wo ist das Weltall zu Ende?“ von Hubert Reeves, übersetzt von Annabel Zettel, C.H.Beck, 144 Seiten, Euro 15,40
Tucholsky: Erstaunliche Biographie
Der grandiose Essayist Kurt Tucholsky ist als messerscharfer Analytiker der Weimarer Republik bekannt. Was allerdings darüber in den Hintergrund rückt, ist seine ganz zauberhafte Fähigkeit zur Naturwahrnehmung und -beschreibung, nachzulesen etwa in seinen zu Herzen gehenden Romanen (und Romanzen) „Rheinsberg“ und „Schloß Gripsholm“. Rolf Hosfeld ist es zu danken, dass er mit seiner Biographie eben auch diesen Aspekte zu würdigen weiß. Nicht nur kaufen, sondern auch lesen.
„Tucholsky. Ein deutsches Leben“ von Rolf Hosfeld, Siedler, 320 S., Euro 22,70