Archiv der Kategorie: Universum Magazin

12|02|17: Nanokosmos

Auf der Nanoebene hat die Welt ein anderes, ein bizarres Gesicht. Das Problem ist, dass wir es nicht sehen geschweige denn einfach verstehen können. Dieses außergewöhnliche Buch führt beispielhaft ein in die grundlegenden Gebiete der Nanowissenschaft wie Biologie, Physik, Chemie und Medizin. George M. Whitesides gibt einen Überblick über die jüngsten wissenschaftlichen Fortschritte, die die Mikrotechnologie beschert hat;  etwa einen IT-Prozessor, dessen Verbindungsdrähte nur noch eine Breite von 1000 Atomen haben. Er beschreibt neue Methoden zur Erforschung von Nanostrukturen, skizziert ihre technologische Anwendung und befasst sich dabei auch mit dem Nutzen wie den Risiken der Nano- und Mikrotechnologie. Die Abbildungen von Felice C. Frankel repräsentieren das Zusammenspiel neuer wissenschaftlicher Instrumente wie extrem leistungsfähige Rastersonden- und  Elektronenmikroskope, die die fast unendlich kleinen Dinge untersuchen können.

„Der Nanokosmos“, übersetzt von Michael Haupt, Primus, 176 Seiten, Euro 30,80

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11|12|16: Mystery Tour

„Angstlust“ ist wahrscheinlich die trefflichste Erklärung für die dauerhafte Präsenz von populären Büchern über Mathematik. Oft genug aber offenbaren derartige Titeln Defizite in der Vermittlung oder der Komplexität der Materie. Marcus Du Satoy glänzt auf beiden Gebieten. Als Mathe-Professor in Oxford (und Nachfolger des rabiaten Aufklärers Richard Dawkins) versteht er sein wissenschaftliches Handwerk. Und für seine Fertigkeiten als Autor wurde er unter anderem schon mit dem Faraday-Preis ausgezeichnet. Seine aktuelle „Mystery Tour“ ist ein ebenso intelligenter wie verspielter Krimi mit fünf Tatorten und fünf spannenden Fällen. Eine eigens für das Buch entworfenen Website verlockt die Leserschaft selber Hand an die Zahlen zu legen. Definitiv eine Empfehlung.

„Mystery Tour“ von Marcus Du Sautoy, übersetzt von Stephan Gebauer, C.H.Beck, 318 Seiten, Euro 20,60

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11|12|08: Patrick Leigh Fermor

Mein erster Kontakt mit Patrick Leigh Fermor war ein mickriges Buch, vor dessen Erwerb und Kenntnisnahme ich in meiner Sachbuch-Kolumne im Mai 2011 warnte. Im Juni 2011 starb Leigh Fermor. Die Nachrufe waren überwältigend in Anzahl und Zuneigung. Bei der Lektüre der beiden Bücher über Leigh Fermors Wanderung quer durch Europa, wurde mir klar, warum er so verehrt wurde. Für das Universum Magazin (hier das PDF) habe ich mich auf Fermors Zeit in Österreich im März 1934 konzentriert.

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11|11|13: Die Weltreise der Saida

Rudi Palla ist ein Spezialist für die Bergung und Aufbereitung verschütteter Kulturschätze. Diesmal sind es keine verschwundenen Berufe, die er uns in Erinnerung ruft, sondern der Entdeckergeist der Donaumonarchie – mangels historischer und geopolitischer Möglichkeiten frei von kolonialen Ambitionen.  Von 1884 bis 1886 segelte die Korvette „Saida“, das letzte vom Stapel gelaufene Segelschiff der k. k. Kriegsmarine, um die halbe Welt, einerseits, um künftige Marineoffiziere auszubilden, andererseits, um handelspolitische und konsularische Interessen zu verfolgen. Palla zeichnet anhand der bislang unveröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen des Kommandanten Heinrich Fayenz den Alltag auf dem Schiff und bei den Landgängen nach. Die Fahrt ging von Europa nach Südamerika, Südafrika, Australien, Neuseeland, Ozeanien, Indonesien, Ceylon und durch den Suezkanal zurück: 284 Tage auf See und 204 Tage in Häfen, sorgfältig dokumentiert durch grandiose Fotografien, die der verdienstvolle Verleger Christian Brandstätter gesichert hat. Das Dokument einer Epoche, als sich Österreich noch für Regionen jenseits des Grießnockerlsuppentellerrandes interessierte.

„Saida“ von Rudi Palla, Christian Brandstätter Verlag, 128 Seiten, Euro 39,90

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11|11|07: Der Höhlenmensch

Universum Magazin, November 2011

Der Höhlenmensch

Werner Herzog dringt mit seinem jüngsten Film zu den Ursprüngen der Kultur vor . Er findet sie in einer Höhle in Südfrankreich, in der sich malende Menschen vor 33.000 Jahren verewigt haben.

Der Ursprung des Bildes liegt im Dunklen. Das ist keine Metapher, sondern die Beschreibung des optischen Vorgangs: Das Licht eines reflektierenden oder selbst leuchtenden Objekts dringt durch ein kleines Loch in einen dunklen Raum und wirft das Bild dieses Objekts auf die Rückseite des Raumes – das Prinzip der Camera obscura, auf dem alle analogen Fotoapparate und Filmkameras basieren. Entwicklungsgeschichtlich markiert dieses Prinzip den Übergang zur Wahrnehmung von Bildern, wenn auch in sehr vereinfachter Form: Während Seesterne und Quallen mit ihren sogenannten Flachaugen nur Kontraste unterscheiden können, ist es Kopffüßlern wie den Perlbooten mit ihren Lochaugen möglich, tatsächlich Bilder von Objekten zu sehen.

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11|10|07: Altösterreich – Die Monarchie in Wort und Bild

Es war ein Werk, dessen Maßlosigkeit dem Objekt der Beschreibung entsprach: Mit der 24-bändigen Enzyklopädie „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“ sollte das Kaiserreich systematisch in all seinen Aspekten vorgestellt werden. Als „Kronprinzenwerk“ zwischen 1886 bis 1902 veröffentlicht ist es bis heute eine ebenso aussagekräftige Dokumentation der Länder und Völker wie letztlich des Unvermögens, diesem Staatengebilde eine moderne Form zu geben. Hans Petschar eröffnet mit „Altösterreich“ einen Einblick in dieses Opus Magnum. Zwischen Folklore und Ethnologie angesiedelt ermöglicht der Band eine Erkundung des unendlich vielfältigen Gemeinwesens, das letztlich wegen der Unfähigkeit seiner Herrscher seine Legitimation verlor.

„Altösterreich“ von Hans Petschar, Brandstätter Verlag, 254 S., Euro 39,90

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11|09|08: Eierlikör in Alpbach

Universum Magazin, September 2011

Eierlikör in Alpbach

Die Technologiegespräche präsentieren sich einmal mehr als unsortiertes Themenbüschel – mit bemerkenswerten Knospen und Blüten.

Alpbacher Arbeitsplatz

Das Jahresmotto des Europäischen Forums Alpbach ist üblicherweise von stuppender Schlichtheit, intellektuell irgendwo zwischen Schulaufsatz und Regierungserklärung angesiedelt. Der diesjährige Titel („Gerechtigkeit – Verantwortung für die Zukunft“) bildete da keine Ausnahme. Das ist zum einen der an sich nicht zu bewältigenden Aufgabe geschuldet, ein Themenbüschel subsummieren zu müssen, das den chinesischen Städtebau genau so umfasst wie die österreichische Vorsorgemedizin und die innenpolitischen Umwälzungen in Liechtenstein. Der zweite Grund für die holzschnittartige Kargheit des Mottos, die den Figuren in den Weihnachtskrippen der Tiroler Stuben gut ansteht, ist seine Irrelevanz: Jeder Vortrag, jeder Arbeitskreis der zwischen Mitte August und Anfang September abgehaltenen insgesamt 15 Blöcke dient vor allen anderen Dingen im günstigsten Fall der Unterhaltung, im seltenen Fall sogar der Aufklärung des jeweiligen Zielpublikums, und nicht der Herstellung eines überspannenden Themengeflechts. Mehr als drei Tage in Folge ist praktisch kein Gast anwesend, das veranstaltende Personal und einige außerordentlich hartgesottene JournalistInnen ausgenommen.

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11|09|07: Selbst ist der Mensch

Kein Organ ist in den letzten 50 Jahren so intensiv erforscht worden wie das Gehirn. Das hängt grob gesagt mit zwei auf den ersten Blick widersprüchlichen Motiven zusammen: Neurologen und PsychiaterInnen können dank der ständig weiter entwickelten Diagnose- und Visualisierungsmethoden immer exaktere Einblicke in das agierende Gehirn nehmen. Aber letztlich dienen all diese extrem aufwendigen  Methoden der Beantwortung der einen, uralten Frage: Was ist der Geist, der den Menschen von der – zum Beispiel – Meeresschnecke unterscheidet, anhand der Eric Kandel den Lernprozess zum ersten Mal sichtbar gemacht hat? Antonio Damasio gelingt es in seinem neuen famosen Buch, diese beiden Motive zu vereinen, und zwar weil er einer der bedeutendsten Neurowissenschaftler der Gegenwart ist und gleichzeitig nachvollziehbar über sein Forschungsfeld schreiben kann. In seinem aktuellen Werk widmet er sich der zentralen Frage: Wie entsteht Bewusstsein? Mit seiner Antwort erklärt Damasio, wie der Mensch zum selbstbewussten Wesen wurde und dabei Fähigkeiten wie Sprache, Kreativität und Moral entwickelte.

„Selbst ist der Mensch“ von Antonio Damasio, Siedler Verlag, 368 Seiten, Euro 25,70

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11|07: Gefaltete Singvögel

Auch im Buchmarkt greift die Konformität um sich, statt Novitäten setzen die Großverlage auf Innovationen. Der Weinviertler Verleger Ulrich Winkler-Hermaden widersetzt sich mit Nachdruck und Nachdrucken bibliophiler Trouvaillen diesem Trend. Der „Schmetterlingsatlas“ und „Die häufigsten vorkommenden einheimischen Singvögel“ sind zwei besonders schöne Beispiele seiner verlegerischen Leidenschaft. 1900 im Original erschienen sind die als Leporellos gestaltete Nachschlagewerke um einiges handlicher als die allermeisten Service-Bände mit eingeschweißter DVD inklusive App zum Download. Und schöner sind die Kollektionen wunderschöner Aquarelle sowieso. Ausdrücklich zum Erwerb empfohlen.

„Singvögel“ und „Schmetterlinge“, Edition Winkler-Hermaden, jeweils 24-seitiges Leporello mit Begleitheft, Euro 14,95

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