Universum Magazin, Juni 2011
Vier Fische – ins Netz gegangen
Paul Greenberg erzählt, wie das Meer auf unseren Teller kommt
Mahlzeit: Rund acht Kilogramm Fisch isst jeder Österreicher durchschnittlich im Jahr – weniger als im EU-Durchschnitt, aber mit stetig steigender Tendenz. Weltweit werden jährlich 110 Millionen Tonnen Fisch verzehrt. Autor und Angler Paul Greenberg erzählt die Geschichte jener vier Fischarten, die mittlerweile global die Speisekarten beherrschen: Lachs, Barsch, Kabeljau und Tunfisch. Er besucht norwegische Großfarmen, die jährlich 500.000 Tonnen Lachs produzieren — mit Hilfe genetischer Techniken, die ursprünglich bei der Schafzucht zum Einsatz kamen. In Alaska besichtigt er die einzige Fair-Trade-Fischerei der Welt. Er erklärt, warum die Meerestiere zunehmend mit Quecksilber und anderen Schadstoffen belastet sind, und schildert, wie der Mittelmeerbarsch zu einer global nachgefragten Ware werden konnte.
Greenberg stellt viele wichtigen Fragen: Was ist der Unterschied zwischen Wild-, Zucht- und Biofisch? Welchen Fisch können wir bedenkenlos essen? Was bedeutet Überfischung eigentlich? Lassen sich Fische wirklich domestizieren wie andere Tiere auch oder sollten wir generell aufhören, Fisch zu essen? Zwischen lebhafter Reportage und fußnotengesättigtem Bericht wechselnd hat Greenberg ein ebenso lesbares wie lesenswertes Buch geschrieben.
„Vier Fische“ von Paul Greenberg. Aus dem Englischen von Anne Uhlmann; Berlin Verlag, 312 Seiten, Euro 22,70
Entdeckungen im Nordatlantik
Ein Segeltörn zwischen Nova Scotia und Schottland
Nein, Nordatlantik klingt nicht nach spannender Erlebnis-Destination, sondern nach Container-Routen zwischen Europa und Amerika. Abenteurer Arved Fuchs und Reisejournalist Peter Sandmeyer haben mit der „Dagmar Aaen“ einen weiten Bogen durch dieses unterschätzt Weltmeer gezogen – und dabei in den Häfen vieler Inseln angelegt.
Neufundland und Nova Scotia stehen am Beginn dieses Segeltörns, dessen Kurs an die schroffen Küsten Irlands und Schottlands führt. Geologische Eigenartigkeiten wie Sable Island – eine Sandbarriere vor der Küste Kanadas – gehören ebenso dazu wie die Whiskey und Tweed produzierenden Eilande Großbritanniens. Aufmerksam und kennntisreich beschreiben die Autoren diesen Ozean, wunderschön illustriert von Torsten Heller. Warum aber bei aller vorausgesetzten Bekanntheit dieses Großgewässers auf eine Karte der Reiseroute verzichtet wurde, ist rätselhaft.
„Nordatlantik“ von Arved Fuchs und Peter Sandmeyer; Delius Klasing Verlag, 176 Seiten, Euro 30,80
Down to Earth: Ohne Flugzeug um die Welt
Die Grundidee klingt nach einer seit Jules Verne erprobten Wette: Eine Weltumrundung mit selbst auferlegten Hindernissen. Autor und Freundin machen sich auf den Weg, um in 180 Tagen den Globus zu umkreisen, und zwar mit jedem erdenklichen Transportmittel außer dem Flugzeug. Down to Earth, eben. Dieses Versprechen löst der Band auch ein. Die Selbstfindung und -erfindung sind durch trockenen Humor und ordentliche Beobachtungsgabe gut verträglich. (Über den verschnarchten Klappentext-Slogan „Vom Luxus der Entschleuningung“ wollen wir an dieser Stelle schweigen.) Und seit der isländischen Vulkan-Krise taugt das Buch auch als praktischer Ratgeber.
„Down to Earth“ von Seth Stevenson, Malik Verlag, 302 Seiten, Euro 20,60
Die Ritter: Eine Kulturgeschichte
Gibt‘s über Ritter noch etwas zu sagen, was nicht schon in Schwabs Heldensagen und den darauf folgenden Dekontsruktionen angeführt worden wäre? Autor Göttert tritt den Beweis an und legt ein faktenträchtiges Buch vor, das sich selbstbewußt an die Frage wagt: „Hat es die Ritter überhaupt gegeben?“
„Die Ritter“ von K.-H. Göttert, Reclam, 298 Seiten, Euro 23,60
92 Elemente für ein ganzes Universum
Das Jahr der Chemie ist bislang so gut wie spurlos am öffentlichen Bewußtsein vorbeigerauscht. Dieser hübsche und kompetent verfasste Band – vordergründig an die interessierte Jugend gerichtet – verdient es als verdienstvoller Beitrag des Verlages zu diesem Jubeljahr ordentlich wahrgenommen zu werden.
„92 Elemente“ von Adrian Dingle, Bloomsbury, 96 Seiten, Euro 17,40