25|01|25: In wirklich guter Gesellschaft

Rede beim Ehrenempfang | © Ludwig Schedl/SciBall

Das Editorial des Ballmagazins zum 10. Wiener Ball der Wissenschaften am 25.1.2025 im Wiener Rathaus. Das komplette Ballmagazin findet sich auf der Ball-Homepage 

Es wirkt wie ein kleiner Schritt verglichen mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die in den letzten zehn Jahren publiziert wurden. Als wir 2014 – angeregt durch den damaligen Bürgermeister Michael Häupl und den Universitätsbeauftragten Alexander Van der Bellen mit Unterstützung von Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny – begonnen haben, den ersten Ball im Jänner 2015 zu planen, ließen wir uns von dem Gedanken leiten, die Grenzen des traditionellen Ballformats auszuloten und zu erweitern. So etwa beim Eröffnungskomitee.

Statt strikter Einteilung nach Geschlechtern ist uns also völlig egal, wer ein weißes Kleid und wer einen Frack ausführt. Vor zehn Jahren wurde manche Augenbraue gelupft. Heute sind queere Paare selbst auf dem Opernball willkommen. Wir lernen daraus: Veränderung ist machbar. Oft nicht als große Umwälzung, sondern mit kleinen beharrlichen Schritten, aber mit einem klaren Ziel und vor allem in der guten Gesellschaft Gleichgesinnter.

Ich erwähne dies deshalb, weil es gerade in Zukunft notwendig sein wird – in der Wissenschaft wie in der Gesellschaft –, sich klare Ziele zu setzen, sie hartnäckig zu verfolgen, den Kräften der Destruktion zu widerstehen und immer wieder an die Grundbegriffe zu erinnern: an die Vernunft und die Empirie, an die Menschenrechte und ihre Unteilbarkeit. Das ist mühsam, aber es ist leichter, wenn man Gleichgesinnte findet, sich in Gruppen organisiert, Netzwerke entwickelt, Beziehungen stärkt, Freundschaften schließt. Wo, wenn nicht auf einem Wissenschaftsball. Wann, wenn nicht heute Nacht.

Der Grundgedanke des Balls ist so aktuell wie 2015: Die Exzellenz, Diversität und Internationalität der Wissenschaften im Großraum Wien der erstaunlich großen scientific community vor Ort wie der Bevölkerung und darüber hinaus dem internationalen Publikum zu veranschaulichen. Wien hat ja ein Luxusproblem: Die Kultur ist derart überwältigend und präsent, dass andere gesellschaftliche Bereiche bisweilen ein Schattendasein in der öffentlichen Wahrnehmung führen. Mit dem Ball wollten wir dazu beitragen, die Wissenschaft in das ihr gebührende Scheinwerferlicht zu rücken. Das setzt voraus, dass sie exzellent ist. Die sogenannten ERC Grants gelten heute als Goldstandard der europäischen Wissenschaft. Rund 400 dieser 450 nach Österreich vergebenen Preise wurden seit 2008 Forscher:innen im Großraum Wien verliehen. Mehr als so manchem EU-Mitgliedsstaat. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können – und sollten.

Die gemeinsam mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften konzipierte Vienna Lecture on Science Communication, die dieses Jahr die Transformationsforscherin Maja Göpel gehalten hat, ist ein weiterer Schritt, um Wissenschaft sichtbarer und verständlicher zu machen. Gerade in fordernden Zeiten. Dass uns das gelingt, liegt neben dem überwältigenden Zuspruch des Publikums auch daran, dass wir recht gelassen die Grenzen zwischen Wissenschaft und Kunst bei Bedarf überwinden. Die „Sounds of Entanglement“ mit der Visualisierung quantenphysikalischer Phänomene (Seite 16) sind ein treffendes Beispiel dafür. Oder auch die Mitternachtseinlage von Volksoper-Star Katia Ledoux (Seite 60), deren Abschluss erneut wir alle gemeinsam bilden. Und zwar mit Freude, diesem schönen Götterfunken, die wir zu Mitternacht vieltausendstimmig preisen werden. Also in wirklich guter Gesellschaft.