Vorwort: Im Blickfang der Tiere
„Daß uns der Anblick von Tieren so ergötzt, beruht hauptsächlich darauf, daß es uns freut, unser eigenes Wesen so vereinfacht vor uns zu sehn.“
Arthur Schopenhauer
Helmut Pechlaner zum Beispiel ist ein großes Tier. So werden Menschen bezeichnet, die ver-meintlich oder tatsächlich wichtig sind. Da schwingt noch altertümelnder Respekt vor deren kaum beherrschbaren, weil animalischen Kräften mit.
Der Gedankengang ist erprobt und beginnt in den Höhlen von Lascaux: Was vom Menschen nicht unterjocht werden kann, ist übermenschlich und wird verherrlicht. Erst als Rötelzeichnung von Wollnashörnern und Wildpferden, dann als altägyptische Gottheit in der Gestalt eines Schakals oder als indianischer Mythos vom weißen Bison. Später wurde die Macht der Bestie unbeeindruckt vom Christentum in bewährt schamanistischer Manier auf die Wappenschilde der Kreuzritter gehoben. Seit der Renaissance erkennt der Mensch sich selbst, indem er das Tier in sich leugnet. Das ging so lange gut, bis Darwin die Familienbande mit dem Affen offen legte. Seitdem wird es nur mehr Kindern wie Mogli im Dschungelbuch gestattet, gleichberechtigt unter Tieren zu leben. Als Erwachsener hat man sich wie Tarzan im Comic-Strip zum König des Dschungels emporzuschwingen, hat man die animalischen Wurzeln einzutauschen gegen ein Paar Schuhe.
Trotzdem war es ganz einfach, dieses Buch zu machen. So gut wie alle angefragten Prominenten schmissen ihre Terminpläne über den Haufen, ließen sich bei oft schlechtem Wetter vom Fotografen stundenlang einweisen und von der Projektkoordinatorin interviewen, um schließlich als Honorar nicht mehr als einen Kaffee im zentralen Pavillon des Tiergartens zu bekommen. Diese Bereitwilligkeit hat drei Motive:
Erstens: Wer lässt sich – wie im Brief als Einladung zur Mitwirkung geschehen – nicht gern als „großes Tier“ bezeichnen? Was Schopenhauer über echte Tiere – wie seinen Pudel mit dem Sanskrit-Namen „Atman“, übersetzt „Weltseele“ – schrieb, gilt heute selbstverständlich auch für die großen Tiere, für die Prominenten: Die Zuschauer der „Seitenblicke“ ergötzen sich daran, archetypische Charaktere oder ihr „eigenes Wesen so vereinfacht“ vorgeführt zu bekommen. Die „großen Tiere“ wiederum freuen sich darüber, dass ihnen quasi übermenschliche Kräfte zu-geschrieben werden. Der einzige Unterschied: Statt des roten Flackerns der Flammen in der Höhle von Lascaux ist es heute das blaue Zucken der Bildröhre, das die Parade der großen Tiere illuminiert.
Zweites Motiv: Die Vorfreude auf den hautnahen Kontakt mit dem Lieblingstier. Auch diese Verlockung war in der Einladung angeführt worden, stellte sich aber schnell als nur begrenzt durchführbar heraus. Zum einen, weil ein Gutteil der männlichen Prominenten sich auf einige wenige Tierarten kaprizierte, und zwar auf Raubkatzen und Menschenaffen. Das vorhandene Bestiarium wurde streng nach Einlangen der Zusagen verteilt; wer zu spät kam, musste mit einer weniger wappentiertauglichen Art vorlieb nehmen – und tat es dann auch.
Zum anderen aber mussten die Erwartungen gedämpft werden, weil die Zoologen rund um den stellvertretenden Direktor Harald Schwammer von Anfang an klargemacht hatten, dass sie den direkten Kontakt mit dem Tier nur in Ausnahmefällen gestatten würden, und zwar zum Schutz der Tiere wie der Menschen. So waren alle Raubtiere von den zweibeinigen Models durch eine Glasscheibe getrennt. Hautnaher Kontakt war nur dort gestattet, wo es im Rahmen der Präsentation im Tiergarten ohnehin üblich ist – also etwa im Streichelzoo – oder es sich im weitesten Sinne um Haus- beziehungsweise Nutztierarten handelte, die den Umgang mit dem Menschen gewohnt sind. Die wenigen Ausnahmen ergaben sich aus der Situation (niemand konnte ahnen, dass Mähnenrobbenbulle Pedro derart enthusiasmiert auf Schauspielerin Doris Schretzmayer reagieren würde) oder wurden wegen erwiesener fachlicher Kompetenz gestattet: Als studierter Zoologe und Experte für Kriechtiere durfte Bürgermeister Michael Häupl die Nashornleguane hinter den Kulissen besuchen. Egal ob Sibirischer Tiger oder Schopfente: Alle Aufnahmen erfolgten unter Aufsicht der Schönbrunner Pflegerinnen und Pfleger, die darauf achteten, dass den ihnen anvertrauten Tieren nicht zu viel zugemutet wurde.
Dass die Fotos in Schwarzweiß gemacht wurden, hat mehrere Gründe. Einen ästhetischen: Der Farbverzicht erleichtert es, das Wesen der Begegnung von Mensch und Tier dingfest zu machen. Einen meteorologischen: Die Fotos entstanden im Jänner und Februar, manche bei miserablem Wetter und im Morgengrauen; ein trister Winterhimmel über dem Zebragehege wird trotz der gut gelaunten Rounder Girls davor mit einem Farbfilm nicht wesentlich bunter. Und einen pragmatischen Grund: Bei der Aufnahme von bisweilen ungeduldigen, ja ungezogenen Models – die Rede ist ausschließlich von Tieren – konnte der Fotograf ohne Scheinwerfer und Blitzschirme leichter auf die gegebene Situation reagieren. Etwa jene, in der sich „Kurier“-Chef Peter Rabl mit Orang-Utan-Weibchen Nonja verlobte; oder die Szene, in der „MA 2412“-Fachkraft Monica Weinzettl beschloss, sich in ein Somalisches Schwarzkopflamm zu verlieben.
Momente, in denen die echten Tiere die Regie übernahmen, was die großen Tiere schlicht staunen ließ. Dem Gepard waren in dem Augenblick, in dem er sich nach Steffi Graf um-drehte, die Jahresweltbestleistungen der Läuferin herzlich egal. Den Sika-Hirschen waren die Äpfel in der Hand von Friedrich Stickler unter Garantie wichtiger als die Toto-Millionen, die der ÖFB-Präsident Woche für Woche umsetzt. Und wären Menschen derart respektlos mit Wolfgang Petritsch, dem Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien umgesprungen wie die Berber-Affen, hätten seine Sicherheitsleute sofort eingreifen müssen. Tiere reagieren direkt auf ihr Gegenüber. Und diese Ausnahmesituation, unvermittelt, ohne Vorbehalte behandelt zu werden, vertrieb jede anfängliche Skepsis.
Ähnlich auch die Situation bei den Gesprächen, die während beziehungsweise nach den Fotoaufnahmen geführt wurden und das Ausgangsmaterial für die Texte in diesem Buch waren: Üblicherweise bedienen sich medial geübte Menschen eines erprobten Katalogs an illustrativen Geschichten. Im Angesicht des Tieres aber ließen sich viele Prominente zu manchmal verblüffenden Assoziationsketten verleiten. Viele finden sich in den Texten dieses Buches wieder. Dabei entstanden ursprünglich nicht beabsichtigte und imaginäre Dialoge zwischen den Teilnehmern an diesem Projekt; etwa zur Gretchen-Frage (nicht nur für Pudel-Besitzer): „Darf der Hund mit ins Bett?“ – „Auf keinen Fall“, sagt TV-Koch Alois Mattersberger: „Ich lege Wert auf die natür-liche Barriere zwischen dem Tier und mir.“ „Aber immer“, so Schauspieler und Schüttelreimer Miguel Herz-Kestranek: „Mit Hunden bin ich mindestens so oft im Bett gelegen wie mit Frauen, weil Hunde immer in meinem Bett schliefen. Ich hatte die dreckigste Bettwäsche, wo es keinen Sinn machte, sie zu waschen, weil mein Hund sowieso am Abend wieder kam.“ Schiedsspruch des Gesamtkunstwerkers Hermann Nitsch: „Jedes Herrl, das behauptet, der Hund schläft nicht im Bett, ist ein Lügner.“
Sich auf die Erörterung dieser und anderer Fragen einzulassen, erforderte bisweilen mehr Zeit als ursprünglich beabsichtigt. Einige Male erlebten Fotograf Homolka und Projektkoordinatorin Theresa Dirtl, dass der prominente Mensch, der eine Stunde zuvor, den schweren Zeitdruck beklagend, ein schnelles Foto und ein rasches Interview eingefordert hatte, nach Ende der Aufnahmen und des Interviews beschloss, den nächsten Termin absagen zu lassen – und den übernächsten gleich dazu –, um einfach noch ein bisschen im Zoo spazieren zu gehen. Der Tiergarten bringt die Menschen dazu, sich Zeit zu nehmen – und er bringt im Falle von Prominenten auch noch positive Medienresonanz.
Das war nicht immer so, schon gar nicht vor zehn Jahren. Dass sich das geändert hat, hängt mit dem dritten Motiv für die große Bereitschaft zur Teilnahme an diesem Projekt zusammen. Sein Name: Helmut Pechlaner, das größte Tier von Schönbrunn. Ordentliche Tiergärten führen eine Hitparade der beliebtesten Spezies. In Schönbrunn ist das nicht anders. Platz 1 geht mit 38 Prozent an die Elefanten, Platz 2 an die Eisbären, Platz 3 an die Tiger. Und obwohl im Frühjahr 2001 17.000 Besucher ihre Wertung abgaben, stimmt die Bestenliste trotzdem nicht, denn nach dem mit Abstand beliebtesten Bewohner des Zoos wurde erst gar nicht gefragt: Helmut Pechlaner. Dieser Eindruck drängt sich einem als Beifahrer des Zoodirektors auf, wenn er mit dem Elektromobil durchs Gelände prescht wie die Geparde hinter dem Seilzug, an dem ihr Mittagessen befestigt ist. Trotzdem stellen sich ihm Besucher in den Weg, wollen Autogramme oder ihm einfach die Hand schütteln. Prominente benehmen sich nicht viel anders. Pechlaner ist eine feste Größenordnung im Beziehungsgeflecht der Stadt und der Republik. Ohne Berührungsängste – als Veterinär ihm ohnehin fremd – verfügt er über eine Du-Wort-Quote, die es mit jener von Helmut Zilk aufnehmen kann. Im Laufe der Produktion wurde der Zeitplan mehrmals dadurch umgestoßen, dass der prominente Mensch erst einmal dem Direktor seine Aufwartung machen wollte beziehungsweise Pechlaner mit seinem E-Mobil potenzielle Geldgeber vom Fototermin entführte, um ihnen diverse Baustellen inklusive Lücken in Dach und Finanzierung vorzuführen.
Dieses Interesse für Schönbrunn und seine Tiere ist nicht selbstverständlich. Anfang der 1990er Jahre wurde über den Tiergarten nicht in Gesellschaftskolumnen geschwärmt, sondern auf den Chronik-Seiten hergezogen: Der Zoo – Gebäude und Tiere – war in einem miserablen Zustand, Tierschutzorganisationen drohten mit handgreiflichen Aktionen, selbst die Schließung wurde ernsthaft diskutiert. Das Ende einer einzigartigen Wiener Einrichtung mit langer Tradition schien gekommen: Als 1752 die Menagerie in Schönbrunn vom Gatten Kaiserin Maria Theresias, Franz I. Stephan von Lothringen, gegründet wurde, gehörte sie zur Basisausstattung höfischer Kultur im 18. Jahrhundert. Finanziert wurde sie zunächst rein aus der Privatschatulle des Kaisers, der sich sein Interesse an Naturkunde nicht durch Mäkeleien an den hohen Kosten verleiden ließ. „Ich weiß, daß Ihnen das sehr teuer vorkommt“, schrieb er in einer seiner Instruktionen zum Kauf von Tieren für die Menagerie, „aber das ist mein Vergnügen.“ Bei aller Tierliebe wollte der Kaiser aber keine Raubtiere in der Menagerie haben – aus einem einfachen Grund: „Weil sie stinken.“ Was seinen Sohn Joseph II. nicht abschreckte. Er ließ auch Raubtiere anschaffen und öffnete die Menagerie für die Wiener. Der Zugang war kostenlos: Der Kaiser demonstrierte seine Macht, indem er seinen Untertanen ein Geschenk machte.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus der barocken Menagerie ein für damalige Verhältnisse moderner Tiergarten. Die Inbetriebnahme der Straßenbahn nach Hietzing erschloss den Zoo auch der breiten Masse. Allerdings: die Plebs sollte sich eher bilden denn vergnügen. Biergärten wurden untersagt, so genannte Völkerschauen, bei denen Menschen aus damals exotischen Kulturen präsentiert wurden, in den Prater verbannt.
Im 20. Jahrhundert war der Bestand des Tiergartens dreimal gefährdet: 1918, als mit dem Untergang der Monarchie der Zoo in den Besitz der jungen Republik überging. Dann 1945, als bei einem Bombenangriff wenige Wochen vor Kriegsende bis auf den kaiserlichen Frühstückspavillon im Zentrum fast die gesamte Anlage verwüstet und etliche Tiere getötet wurden. Und eben Anfang der 1990er Jahre.
Als Helmut Pechlaner im Dezember 1991 zum Leiter des Wiener Tiergartens bestellt wurde, hatte er sich zuvor einen Namen als Direktor des Alpenzoos Innsbruck gemacht – unter anderen beim damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel. Der war zwar „wie noch jeder Wirt-schaftsminister vor ihm erstaunt, dass er auch für die Elefanten von Schönbrunn zuständig ist“ (Pechlaner), war aber persönlich am Tiergarten interessiert, weil er als Hietzinger und Vater eines Buben den Zoo regelmäßig frequentierte und so den damals trostlosen Zustand kannte.
Die Dienststelle wurde in eine Ges.m.b.H. umgewandelt, Pechlaner zum Geschäftsführer bestellt. Heute lobt der Direktor konform zu seinem Metier: „Schüssel war der Samenspender des neuen Zoos.“ Pechlaner dankte für das Vertrauen mit einem bemerkenswerten Modernisierungs-programm: Gehege und Häuser sowie Wirtschaftstrakt wurden ebenso erneuert wie die zoo-logische Forschung. Was ihm – so die Vermutung von Michael Häupl – deswegen gelang, weil er „als Tierarzt und nicht Zoologe einen weniger sentimentalen Zugang zu Problemen hat“. Vor-läufiger Höhepunkt des wissenschaftlich fundierten Arterhaltungsprogramms war die Geburt von Abu im April 2001, dem ersten durch künstliche Befruchtung gezeugten Elefanten in Schönbrunn. Ein Gutteil des Modernisierungskonzepts wurde durch Sponsoren und durch steigende Besuchereinnahmen finanziert: Waren es 1991 720.000 Menschen, die sich dem eher moribunden Ambiente der Gehege aus der Kaiserzeit aussetzten, wurden im Jahr 2001 1,7 Millionen Tickets verkauft. Mehr Besucher hat keine Eintritt verlangende Einrichtung in Öster-reich. Eine Erfolgsgeschichte, die sich ideal dazu geeignet hätte, im Rahmen des 250-Jahre-Jubiläums im Sommer 2002 gewürdigt zu werden. Es sollte anders kommen.
Am Dienstag, den 5. März 2002 telefonierte Projektkoordinatorin Theresa Dirtl gegen 13 Uhr mit der Tierpflegerin Sabine Janiba. Dirtl wollte von der Großkatzenspezialistin Details über die Jaguare erfahren, mit denen Clemens Hellsberg, Vorstand der Wiener Philharmoniker, am 22. Jänner fotografiert worden war – selbstverständlich voneinander durch eine Scheibe aus Sicherheitsglas getrennt. Eine Stunde nach dem Telefonat war Sabine Janiba tot; Opfer eines furchtbaren Unfalls, über dessen Hergang und Hintergründe alle Medien des Landes bemerkenswert fair berichteten. Die Entscheidung, die Jaguar-Bilder zu veröffentlichen, wurde Clemens Hellsberg überlassen. Er teilte dem Autor mit: „Es ist sicher nicht in Sabines Sinn, den Jaguar jetzt als Bestie darzustellen. Ich bin überzeugt, Sabine hat die Tiere geliebt.“
Auch Pechlaner – selber schwer verletzt – beruhigte nach dem Unfall bei seiner ersten Pressekonferenz aus dem Allgemeinen Krankenhaus Wien die Gemüter. Nach dem Tod der Tierpflegerin war die Angst vor den Raubkatzen so groß, dass niemand protestiert hätte, wären sie eingeschläfert worden. Doch Helmut Pechlaner und sein Team warben für die Tiere, nahmen Ängste, erzeugten Verständnis. Eine bemerkenswerte Leistung in einer Stadt, in der die Tierhatz als Ausdruck der Zustimmung – „so eine Hetz!“ – überlebt hat. Übrigens ermöglicht diese Pressekonferenz Pechlaners eine weitere Analogie zu Helmut Zilk. Wie beim ehemaligen Wiener Bürgermeister bildete sie den Ausgangspunkt der Erhebung in den Stand eines Joschi Holaubek oder Karl Schranz. Der Unterschied zu Zilk besteht darin, dass Pechlaner keine Ambitionen zeigt, ein politisches Amt zu übernehmen – und deswegen auch keinen Notariatsakt braucht, um sich gegen solche Spekulationen zu verwahren. Bislang jedenfalls nicht.
Das 250-Jahre-Jubiläum – Anlass für dieses Buch – wird wie geplant vollzogen. Ein neues Koalahaus, vor allem aber das Regenwaldhaus stehen für den von Pechlaner eingeschlagenen Weg der erlebnisorientierten Vermittlung von globalen Zusammenhängen der Biodiversität. In der „Botschaft des Regenwalds“ (Pechlaner) führen Pfade über drei Ebenen durch das Areal unter dem gewölbten Glasdach: Die Besucher sollen den Bergregenwald Südostasiens mit seiner Tierwelt sehen, fühlen, riechen und schmecken können.
Und wie es bei dem Society-Event zur Eröffnung dieser Anlage und all den kommenden Ereignissen in den nächsten Jahren in Schönbrunn idealerweise zugehen sollte, lässt sich auch bei Schopenhauer nachlesen: „Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertage recht nahe zusammen, um durch die gegenseitige Wärme sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder von-einander entfernte. Wenn nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so daß sie zwischen beiden Leiden hin- und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten. So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Inneren entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte.“