Ein Eintrag zur Ballsaison, verfasst 2006 für eine Publikation in Zusammenhang mit dem äußerst lobenswerten Hrvatski Ball also dem Ball der Wiener Kroat:innen. Der Smoking ist inzwischen nicht nur meine Tracht, sondern – einstweilen selbst zum Ball-Organisator geworden – mein Dienstanzug. Der Bund ließ sich irgendwann mal nicht mehr erweitern, also habe ich inzwischen ein etwas komfortableres Modell. Doch an der prinzipiellen Aussage hat sich nichts geändert. Hiermit allen Männern zur Nachahmung empfohlen.
Wie heißt eigentlich Smoking auf Burgenländisch-Kroatisch? Im quintessenziellen Nimsko-Gradišćanskohrvatsko-Hrvatski Rječnik ist keine Übersetzung zu finden, da steht nur – „Smoking“. Das mag damit zu tun haben, dass eine Volkskultur, die eine derart prächtige Vielfalt von Trachten (auch für den Herren) hervorgebracht hat, es nicht für nötig befindet, einen eigenen Begriff für das doch recht monochrome Kleidungsstück zu prägen. Das ist sehr schade, denn: Der Smoking gehört zu den wichtigsten Requisiten angeheirateter burgenländisch-kroatischer Identität. Nicht lachen! Ich weiß, wovon ich spreche, nämlich von sicher sechs, möglicherweise sieben, vielleicht sogar acht Jahren beim Ball der Burgenlandkroaten im Wiener Parkhotel Schönbrunn. Ebenso unerlässlicher wie treuer Begleiter auf dieser Festivität ist mein Smoking. Und zwar derselbe über all die Jahre, was für sich genommen schon eine Leistung ist, nämlich meine in Bezug auf die Sorgsamkeit des Umgangs mit dem einst beim Fabriksabverkauf von Licona in der Zirkusgasse erstandenen Stück.
Eine Hochzeit nahe Klagenfurt war zu feiern gewesen, am Abend davor die Brautsoirée. Der Smoking überstand dieses Fest ohne Probleme, wie auch die anderen zwei Gelegenheiten pro Jahr, bei denen das Ding aus dem mit Lavendelsäckchen gewappneten Kleidersack geholt wird: Vielleicht einmal ausbürsten, bestenfalls drei Tage lang auslüften, höchstens zweimal in die Reinigung – ein sensationell niedriger Servicebedarf. Dementsprechend entspannt entfiel mit der Zeit die Überprüfung am Vorabend des Balls. Irgendwann wurde ein zweites Smoking-Hemd angeschafft, ein halbwegs passendes Paar schwarzer Garnstrümpfe findet sich nach einigem Suchen dann doch. Die Lackschuhe lassen sich mit einem trockenen Tuch rasch entstauben. Und dann kommt sie, die Stunde der Wahrheit, zwei bis drei Stunden vor der Balleröffnung: Passt die Hose oder nicht?
Beim Jackett kann man sich irgendwie rüber schummeln, beim knappen Bund geht genau nichts mehr. Über die Jahre war der Sitz straffer und straffer geworden. 2005 war’s wirklich knapp. 2006 aber – nach einem heftigen Winter im Fitness-Studio – mussten Hosenträger her- und die Hose hochhalten! Was für ein Triumph. Schließlich wäre es eine Niederlage gewesen, im Anzug auf dem Parkett zu erscheinen und dann die Freitreppe nach oben zu schreiten. Denn auch in Hietzing gilt, was das Ratpack (Davis jr., Martin, Sinatra et al.) schon immer wusste: Man kann als Mann um drei Uhr früh noch so derangiert sein, nur in einem Smoking bewahrt man sich den notwendigen Rest von Würde und Charme.
Und diese Sekundärtugenden sind beim Gulaschessen um halb fünf im Hrvatski Centar ganz brauchbar.