17|01|19: Wissenschaftsjournalismus und Medienförderung

Seit einiger Zeit befasse ich mich in meiner Funktion als Vorsitzender des Klubs der Bildungs- und WissenschaftsjournalistInnen mit dem Zusammenhang von Wissenschaftsjournalismus und Medienförderung. Im Rahmen der derzeit diskutierten Neugestaltung der Medienförderung habe ich namens des Klubs den Vorschlag eingebracht, die Medienförderung an die quantitativ und qualitativ relevante Berichterstattung über Wissenschaft und Forschung zu koppeln. Damit „würde der Gesetzgeber den heimischen Medienunternehmen ein klares Signal für die Bedeutung dieser Funktion geben. Neben der Absicherung dieses Feldes in den bestehenden (wenigen) Ressorts würde durch diese Lösung ein Anreiz geschaffen, diese Felder in Medien zu berücksichtigen, die bislang Wissenschaft und Forschung gar nicht oder kaum wahrgenommen haben.”

(v.l.) Matthias Karmasin, Oliver Vitouch, Moderatorin Daniela Kraus, Oliver Lehmann, Klement Tockner, Klaus Taschwer. (Foto M. Seumenicht)

(v.l.) M. Karmasin, O. Vitouch, Moderatorin Daniela Kraus, O. Lehmann, K. Taschwer, K. Tockner (Foto M. Seumenicht)

Dieses Vorhaben deckt sich mit Intentionen von Proponenten der Medienförderung Neu. Matthias Karmasin, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Uni Klagenfurt und Direktor des Instituts für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der ÖAW: „Gefördert werden soll, was Wertschöpfung in Österreich ermöglicht und was demokratiepolitisch von Wert ist. (Eine Pro-Kopf für Journalistinnen und Journalisten kann) in bestimmten Bereichen, etwa im Wissenschaftsjournalismus oder im Medienjournalismus, sinnvoll sein, wie es schon bisher Sinn ergibt, Auslandskorrespondenten zu fördern.” (siehe: derstandard.at/2000044312807/Qualitaetvollen-Journalismus-foerdern-raet-Matthias-Karmasin)

Der Klub der Bildungs- und WissenschaftsjournalistInnen und der Presseclub Concordia luden deshalb am 19. Jänner 2017 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema “Wissenschaftsjournalismus als Qualitätsmaßstab der Medienförderung Neu” zwecks Formulierung von Qualitätskriterien für eine derartige Koppelung von Wissenschaftsjournalismus und Medienförderung.

Hier der heutige APA-Bericht zur Veranstaltung:

Forschungsberichte als Kriterium für Presseförderung gefordert
19.01.2017

Wien (APA) – Für das Frühjahr hat die Regierung eine Reform der Presseförderung angekündigt. Eines der Vergabekriterien für die neue Medienförderung sollte eine qualitätsvolle Berichterstattung zu Wissenschaft und Forschung sein, forderten nun die Teilnehmer einer vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten veranstalteten Podiumsdiskussion in Wien.

Derzeit, darin waren sich die Diskutanten einig, ist es um den österreichischen Wissenschaftsjournalismus schlecht bestellt: Er sei in Österreich „mit Ausnahme von Nischenprodukten unterbesetzt, ein Stück weit prekarisiert und in seiner Wahrnehmbarkeit zu sehr an den Rand gedrängt“, fasste es der Präsident der Universitätenkonferenz, Oliver Vitouch, zusammen. Die Wissenschaft brauche den Journalismus aber als Übersetzer der – immerhin öffentlich finanzierten – Forschungsleistungen in eine verständliche Sprache, betonten Vitouch und Klement Tockner, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF. Im Zuge der neuen Medienförderung solle es deshalb auch Geld für Wissenschaftsjournalismus geben. Qualitätskriterien sollen hierbei sicherstellen, dass nicht auch Berichte über Granderwasser als förderungswürdige Wissenschaftsberichterstattung durchgehen.

Klub-Präsident für Pro-Kopf-Förderung
Geht es nach Klub-Präsident Oliver Lehmann kämen diese Mittel am besten über eine Pro-Kopf-Förderung für die Fachjournalisten, damit diese etwa auch in den Redaktionskonferenzen für ihr Thema lobbyieren und so auch abseits ihrer Nische in ihrem Medium verankern können. Zusätzlich müssten freie Journalisten in diesem Feld unterstützt und neue Formen des Wissenschaftsjournalismus gefördert werden. Als Beispiel nannte er das deutsche Science Media Center, das Expertenwissen an Journalisten vermittelt.

Skeptisch sah „Standard“-Wissenschaftsredakteur Klaus Taschwer eine Pro-Kopf-Förderung, immerhin finde Wissenschaftsberichterstattung etwa in Form von Experteninterviews in allen Ressorts statt. Außerdem bezweifelte er, dass eine solche, im Vergleich zu Inseraten der öffentlichen Hand geringe Förderung für Verleger tatsächlich Anreiz für die Beschäftigung von Wissenschaftsjournalisten wäre.

Taschwer fordert Umleitung von Geldern für Wissenschaftskommunikation
Taschwer forderte zusätzlich „mehr Unterstützung“ von den Wissenschaftseinrichtungen selbst: Derzeit würden Millionen an Euro aus Steuergeld an Verlags-Multis wie Elsevier fließen, die der internen Kommunikation der Wissenschafter via Fachjournale dienen. Es wäre nur angebracht, dass hier auch Geld „für die Kommunikation zurück an den Steuerzahler“ eingesetzt werde. Auch er plädierte außerdem für „neue Kofinanzierungsmodelle für Wissenschaftsjournalisten“, in Deutschland gebe es etwa Kooperationen von Datenjournalisten mit Wissenschaftern aus dem Bereich Big Data.

Medienwissenschafter Matthias Karmasin dämpfte die Erwartungen an die Auswirkungen einer Medienförderung für Wissenschaftsberichterstattung ebenfalls: Es wäre zwar gut, die Fixkosten-Belastung von Wissenschaftsjournalismus für die Verlage über eine neue Medienförderung zu reduzieren. „Eitel Wonne“ breche damit aber sicher nicht aus.

Bild der Wissenschaft hängt nicht am Journalismus alleine
Und noch in einem anderen Bereich warnte Karmasin vor zu hohen Ansprüchen: Auch gutem Wissenschaftsjournalismus werde es alleine nicht gelingen, das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft in Österreich zu verbessern. Laut einer Eurobarometer-Studie ist Österreich beim Interesse der Bevölkerung an Wissenschaft im letzten Drittel. Taschwer: „Man muss genereller überlegen, wie man Wissenschaft besser in die Gesellschaft bringt.“