Nur wenige Begegnungen vermögen so grundsätzliche Verstörungen beim Menschen auszulösen wie ein Besuch im Affenhaus. Die offensichtliche Diskrepanz zum Menschenaffen, der aus einem Jutesack einen Schlafplatz drapiert, wird überlagert von der unabweisbaren Ähnlichkeit in Ausdruck, Blick und Wahrnehmung. Es wird wohl genau dieses hohe Maß an letztlich nun auch genetisch erwiesener Übereinstimmung sein, die jene Unruhe und Abscheu auslöst, mit denen der Homo sapiens den anderen Primaten von je her begegnet ist. Der Philosoph und Biologe Hand Werner Ingensiep befasst sich in seinem Buch mit dem Bild, dass sich Europäer im Lauf der Jahrhunderte vom Menschenaffen gemacht haben. Und dabei wird deutlich das sich das Verhältnis zu den Tieren ebenso grundlegende geändert hat wie das Selbstbild von uns Menschen. Ein kenntnisreicher Streifzug durch die Philosophie sowie die Wissenschafts- und Kulturgeschichte, der es aufs Neue ermöglicht, ganz grundsätzliche Fragen der menschlichen Existenz in Konfrontation mit unseren nächsten Verwandten zu stellen.
„Der kultivierte Affe. Philosophie, Geschichte und Gegenwart“ von Hand Werner Ingensiep. Hirzel, 318 Seiten, € 25,60