Das semantische Verhältnis von Vögeln und Kopulation war schon immer Anlass zu manch derber Anspielung. Tatsache ist, dass das gefiederte Paarungsverhalten im Frühjahr besonders augenfällig und deswegen zum Synonym für die entsprechenden Triebe geworden ist. In keiner anderen Phase präsentieren sich Vögel derart auffällig und exaltiert: verwegene Flugmanöver, kunstvolle Tänze, betörende Gesänge, verlockende Brautgeschenke, prächtiger Fiederschmuck, absurde Balzturniere (für Spezialisten: Kampfläufer!) und aberwitzige Architekturwettbewerbe – das Werben von Vogelmännchen um das entsprechende Weibchen ist so bunt und vielfältig wie das Gefieder eines Bienenfresserschwarms.
Der vorliegende Band mit dem trefflichen Titel „Vogelhochzeit“ stellt das Phänomen der Vogelbalz vor und erläutert die zugrunde liegenden Zusammenhänge: Welcher Gesang taugt zum Kampf ums Revier, das Zugang zu Nahrung und Wasser sowie entsprechenden Nistplätzen verspricht. Warum lohnt sich Monogamie bei den meisten Vogelarten. Wie stärkt das Balzritual die Bindung des Vogelpaares. Vor allem aber: Was ist ein Kloakenkuß, wie ihn die überwiegende Mehrheit der Arten praktiziert. Ausgestattet mit vielen Illustrationen erschließt das sinnvoll gegliederte Buch das so faszinierende Naturschauspiel der Balz derart stimmungsvoll, dass die Leserschaft dem Charme des Themas kaum widerstehen kann.
„Vogelhochzeit. Von der Balz bis zum Nestbau“ von James Perry, übersetzt von Susanne Schmidt-Wussow. Haupt, 160 Seiten, € 41,10
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