Die Verdienste des Karl-Markus Gauß sind mannigfaltig, seine Entdeckungen literarischer und linguistischer Natur verblüffend. Mit seinen Expeditionen zu untergehenden Ethnien (zB „Die sterbenden Europäer„) und hoffnungslos marginalisierten Minderheiten (zB „Die Hundeesser von Svinia„, Bild) hat Gauß die letzten Spurenelemente vormals vorhandener Vielfalt Europas dokumentiert – und somit das offiziöse Bekenntnis zu dieser Vielfalt als Heuchelei enttarnt. Auch die Art seiner Erkundungen verdient Anerkennung: Der Zeit weist Gauß eine subalterne Rolle zu. Sein neues Buch „Im Wald der Metropolen“ steht in diesen Traditionen. Belesen durchschreitet Gauß den Kontinent und entdeckt die seltsamsten Zusammenhänge (wie das Zusammentreffen von Petar Preradović mit Vuk Karadžić in Wien-Landstraße) in den kulturellen Tiefenströmungen. Doch was Gauß abgeht, ist Humor. Nicht im Sinne flotter Pointensetzerei oder hinterfotziger Kommentierung, sondern als Haltung, als Methode der Wahrnehmung, mit dessen Hilfe die Unpäßlichkeiten des Alltags auf die wesentlichen Inhalte verweisen. Und so verbleiben Gaußens Texte in der Schwebe zweifeloser (verzweifelter?) Gelehrtheit, doch ohne Erdung im Zufall. (Zsolnay Verlag, 2010)