Das klingt natürlich verflucht nach einer Autobiographie einer berufsbedingt selbstverliebten Schauspielerin, in diesem Fall Senta Berger. Aber Berger gehört zu jenen Darstellerinnen, die selbst in den allerfragwürdigsten Produktionen ihre Basisqualitäten zu Tage treten lassen können. Und so ist das auch mit diesem Buch: Das Herschnurren der Besetzungslisten in Film und Theater im letzten Drittel ist für jene, die die Bunte von hinten lesen; die Decouvrierung von österreichischen Legenden wie Heinz Conrads als Geilspecht (“Spätestens am Tullnerberg versuchte er, mein Knie zu streicheln und meinen Rock hochzuschieben”) ist da schon besser. Richtig gut ist aber das erste Drittel, in dem Berger trocken und ohne geheucheltes Verständnis das Leben ihrer Eltern und Großeltern in der 1. Republik und während der Nazi-Zeit beschreibt. Zu lesen ist das treffendere Porträt eines durchschnittlichen, mittelmäßigen, kleinbürgerlichen Nazis, nämlich Bergers Vater: Ein zwischen dem von tönernem Größenwahn bedingtem Weltschmerz und erbärmlicher Selbstgerechtigkeit pendelndem Charakter, der als Ur-Kreatur des Nachkriegsösterreichers durchgehen kann. Möglicherweise das: ein guter Bekannter des Herrn Karl. (Ullstein, 2011)